Herzhelfer 14: Der Herzalter-Test und ausgewählte Risikofaktoren

Teil I: Blutlipide

Hast Du Dich schon mal gefragt, wie das Herzalter überhaupt berechnet wird? Warum Du Fragen zu Deinem Alter, Geschlecht und sogar zu Deinen Blutwerten beantworten musst? Dazu wollen wir jetzt Licht ins Dunkle bringen. Beginnen wir mit der wissenschaftlichen Basis des Herzalter-Tests: der PROCAM-Studie.

Die PROCAM-Studie ist eine der weltweit größten prospektiven Beobachtungsstudien mit Schwerpunkt auf Herz- und Gefäßerkrankungen. In der Studie wurden verschiedene Risikofaktoren identifiziert, die das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall synergistisch statt additiv, d.h. das sog. „Globalrisiko“, beeinflussen. Unter Berücksichtigung dieser Risikofaktoren wurden mehrere mathematische Formeln (Algorithmen) erstellt. Diese Algorithmen ermöglichen es, das Globalrisiko einer Person abzuschätzen, einen Herzinfarkt oder plötzlichen Tod durch koronare Herzkrankheit innerhalb der nächsten 10 Jahre zu erleiden (1).

Zu den Risikofaktoren zählen unter anderem die Blutfettwerte LDL- und HDL-Cholesterin und die Triglyceride (1). Diese Risikofaktoren wollen wir uns nun einmal genauer anschauen. Welche Grenzwerte gibt es und was ist bei erhöhten Werten zu tun?

LDL-Cholesterin

Im Blut wird Cholesterin gebunden an verschiedene Lipoproteine transportiert. Das Lipoprotein mit dem höchsten Cholesterinanteil nennt sich LDL-Cholesterin (2). Wenn zu viel LDL-Cholesterin im Blut ist, wird es unter bestimmten Bedingungen in der Arterienwand abgelagert und erhöht das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Deshalb wird LDL-Cholesterin auch als das „schlechte“ Cholesterin bezeichnet (3).

Wann ist mein LDL-Cholesterinwert erhöht?

Ob Dein LDL-Cholesterinwert zu hoch ist, hängt von Deinem Herzinfarktrisiko ab. Es galten lange die folgenden Grenzwerte (4,5):

  • Personen mit hohem Herzinfarktrisiko (> 20 % in 10 Jahren): < 100 mg/dl
  • Personen mit mittlerem Herzinfarktrisiko (10 – 20 % in 10 Jahren): < 130 mg/dl
  • Personen mit niedrigem Herzinfarktrisiko (< 10 % in 10 Jahren): < 160 mg/dl

Mittlerweile gibt es aktuelle europäische Leitlinien, in denen niedrigere Zielwerte für LDL-Cholesterin angegeben werden (6):

  • sehr hohes Risiko[1] (Primär-/Sekundärprävention): ≥ 50 %-ige Reduktion vom Ausgangswert, Zielwert: < 55 mg/dl
  • hohes Risiko: ≥ 50 %-ige Reduktion vom Ausgangswert, Zielwert: < 70 mg/dl
  • mittleres Risiko: < 100 mg/dl
  • niedriges Risiko: < 116 mg/dl

Was ist zu tun, wenn mein LDL-Cholesterinwert zu hoch ist?

Um Deinen LDL-Cholesterinwert zu senken, solltest Du generell immer in erster Linie Deinen Lebensstil gesünder gestalten. LDL-cholesterinsenkend wirken insbesondere eine herzgesunde Ernährung, regelmäßige körperliche Bewegung und eine Gewichtsreduktion bei Übergewicht. Wird Dein LDL-Cholesterin mithilfe des gesunden Lebensstils nicht auf das gewünschte Maß gesenkt, wird Dein Arzt in der Regel eine medikamentöse Therapie in Betracht ziehen, z.B. mit Statinen bzw. mit PCSK9-Hemmern (5,6).

Ausführliche Informationen über LDL-Cholesterin findest Du hier.

HDL-Cholesterin

Im Blut wird Cholesterin gebunden an verschiedene sog. Lipoproteine transportiert. Eines davon ist das HDL-Cholesterin (Lipoproteine hoher Dichte, engl.: high density lipoprotein). Sie transportieren überschüssiges Cholesterin von den Zellen zurück zur Leber, über die das überschüssige Cholesterin ausgeschieden werden kann (7). Ein hoher Gehalt an HDL-Cholesterin bedeutet also eine effiziente „Cholesterinentsorgung“. Deshalb wird es auch das „gute“ Cholesterin genannt (3).

Wann ist mein HDL-Cholesterinwert erniedrigt?

Die HDL-Cholesterinspiegel liegen bei Frauen durchschnittlich um ein Drittel höher als bei Männern (2). Als Mann sollte Dein HDL-Cholesterinwert über 40 mg/dl liegen, als Frau über 50 mg/dl (5).

Was ist zu tun, wenn mein HDL-Cholesterinwert zu niedrig ist?

Um Deinen HDL-Cholesterinwert zu erhöhen, solltest Du generell immer in erster Linie Deinen Lebensstil gesünder gestalten. Maßnahmen wie körperliche Bewegung, Raucherentwöhnung und Gewichtsreduktion bei Übergewicht gehen in der Regel mit einem Anstieg der HDL-Cholesterinspiegel um 10 bis 20 % einher (4).

Wird Dein HDL-Cholesterin mithilfe des gesunden Lebensstils nicht auf das gewünschte Maß erhöht, wird Dein Arzt in der Regel eine medikamentöse Therapie in Betracht ziehen. Dafür stehen dem Arzt verschiedene Wirkstoffklassen zur Verfügung. Unklar ist bislang, ob und in welchem Ausmaß die mit dem Einsatz solcher Wirkstoffe verbundene Senkung des Arteriosklerose-Risikos auf deren HDL-cholesterinsteigernde Wirkung zurückzuführen ist (5).

Triglyceride

Triglyzeride sind die Hauptbestandteile der Fette in der Nahrung und im Körper. Sie bestehen aus einem Glycerin-Molekül und drei Fettsäuren. Wenn der Gehalt an Triglyzeriden im Blut zu hoch ist, spricht man von einer Hypertriglyceridämie. Das kann erblich bedingt sein, ist aber meistens eine Folge von Übergewicht, Diabetes oder übermäßigem Alkoholkonsum. Neben einem zu hohen Blutcholesteringehalt bedeuten auch hohe Triglyceridwerte nicht selten ein erhöhtes Herzinfarktrisiko (3).

Wann ist mein Triglyceridwert erhöht?

Dein Triglyceridwerte sollte unter 150 mg/dl liegen (5). So steht es auch in den neueren europäischen Leitlinien: Es gibt zwar keinen Zielwert, allerdings indiziert ein Triglyceridwert von unter 150 mg/dl ein geringes Risiko; ein oberhalb der Grenze liegender Wert spricht dafür, andere Risikofaktoren zu überprüfen (6). Es wird vermutet, dass ein Triglyceridspiegel von über 200 mg/dl das koronare Risiko erhöht (5), insbesondere in Kombination mit einem niedrigen HDL-Cholesterinwert von unter 40 mg/dl bei Männern und unter 50 mg/dl bei Frauen.

Was ist zu tun, wenn mein Triglyceridwert erhöht ist?

Um Deinen Triglyceridwert zu senken, solltest Du generell immer in erster Linie Deinen Lebensstil gesünder gestalten. Triglyceridsenkend wirken eine Gewichtsreduktion bei Übergewicht, regelmäßige körperliche Bewegung, eine herzgesunde Kost (insbesondere eine deutliche Einschränkung des Alkoholkonsums, die vermehrte Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren vor allem über Fettfisch sowie die eingeschränkte Zufuhr von Zucker, zuckerhaltigen Lebensmitteln und Zuckeraustauschstoffen) (5).

Wird Dein Triglyceridwert mithilfe des gesunden Lebensstils nicht auf das gewünschte Maß gesenkt, wird Dein Arzt in der Regel eine medikamentöse Therapie in Betracht ziehen. Bei einer kombinierten Hyperlipidämie, d.h. der gleichzeitigen Erhöhung von LDL-Cholesterin- und Triglyceridwerten, ist das primäre Ziel eine Senkung des LDL-Cholesterinspiegels. Werden die LDL-Zielwerte erreicht und die Triglyceridwerte liegen bei ≥ 200 mg/dl, sollte auch eine Senkung der Triglyceride erfolgen (5).

Möchtest Du mehr über Triglyceride erfahren? Dann findest Du hier und hier weitere Informationen.

Wir hoffen, Dir durch die Auflistung der wichtigsten Empfehlungen aus den gängigen deutschen, europäischen sowie US-amerikanischen Leitlinien ein wenig Orientierung im Dschungel der Blutlipide gegeben zu haben.

Wenn Du noch Fragen hast oder Du nicht sicher bist, was die hier genannten Informationen für Dich bedeuten, sprich‘ am besten mit Deinem Arzt darüber. Er kennt Dich und ggf. Deine Krankengeschichte und wird wissen, was in Deinem Fall zu tun ist. Ansonsten geben wir Dir schon einen kleinen Ausblick zum nächsten Herzhelfer, der Fortsetzung dieses Herzhelfers. Es wird um weitere wichtige Risikofaktoren gehen, und zwar um Blutdruck, BMI und Nüchtern-Blutglucose. Sei gespannt!

Quellen

(1) Assmann-Stiftung für Prävention (2020): Über die PROCAM-Studie. Online unter https://www.assmann-stiftung.de/procam-studie/

(2) Assmann-Stiftung für Prävention (2020): Cholesterin & Triglyceride. Online unter www.assmann-stiftung.de/cholesterin-und-triglyceride/

(3) Assmann-Stiftung für Prävention (2006): Herzgesund essen. Mit Genuss der Gesundheit Gutes tun. 1. Auflage. Online unter https://www.assmann-stiftung.de/wp-content/uploads/2013/05/herzgesund_essen_broschuere_web.pdf

(4) International Task Force for Prevention of Coronary Heart Disease & International Atherosclerosis Society (2003): Prävention der koronaren Herzkrankheit. Börn Bruckmeier Verlag GmbH. 1. Auflage. ISBN: 3-89862-905-8.

(5) International Task Force for Prevention of Coronary Heart Disease & International Atherosclerosis Society (2009): Prävention der koronaren Herzkrankheit. Thomson Reuters. ISBN: 978-848724260-7.

(6) F. Mach et al. (2020): 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk: The Task Force for the management of dyslipidaemias of the European Society of Cardiology (ESC) and European Atherosclerosis Society (EAS). In: European Heart Journal, Vol. 41, Nr. 1, S. 111-188. Online unter https://academic.oup.com/eurheartj/article/41/1/111/5556353

(7) G. Assmann (1982): Lipid Metabolism and Atherosclerosis. F.K. Schattauer Verlag, Stuttgart. ISBN: 978-3794508938. https://www.amazon.de/Lipid-Metabolism-Atherosclerosis-Gerd-Assmann/dp/3794508939/ref=tmm_hrd_swatch_0?_encoding=UTF8&qid=&sr=

[1] SCORE von ≥ 10 % für das 10-Jahres-Risiko für eine tödliche kardiovaskuläre Erkrankung oder einschlägige Erkrankung (3)

 Hier kannst Du den Herzhelfer 14 herunterladen.