Herzhelfer 17: Die große Welt der Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Nie war das Bewusstsein für gesunde Ernährung so groß wie heute. Dass die Menschen sich immer mehr damit beschäftigen, was täglich auf ihren Tellern landet und wie sich das Essen auf ihre Gesundheit auswirkt, ist ein ebenso positiver wie notwendiger Trend. Problematisch wird es allerdings, wenn vor lauter Selbstoptimierung und Gesundheitswahn auch gesunde Lebensmittel verteufelt und vom Speiseplan gestrichen werden.

Frei nach dem Motto „Sicher ist sicher“ werden dann glutenfreie Brötchen, laktosefreie Milch und fruktosefreies Müsli gekauft – auch wenn keine Unverträglichkeit nachgewiesen ist. Von den Personen, die auf Laktose verzichten, tun dies laut einer aktuellen Umfrage nur 20 %, aufgrund einer nachgewiesenen Malabsorption (1). Mehr als die Hälfte hingegen handelt aus dem Gefühl heraus, laktosehaltige Produkte nicht so gut zu vertragen. Das ist zwar grundsätzlich nicht gefährlich, kann eine eventuelle Unverträglichkeit aber möglicherweise verstärken.

Im Folgenden findest Du die wichtigsten Infos zu Laktose, Gluten und Fructose – den bekanntesten Vertretern, die für Nahrungsmittelunverträglichkeiten verantwortlich sein können. Außerdem verraten wir Dir, ob Du Dich trotz Unverträglichkeit herzgesund ernähren kannst.

Herzgesund essen bei Laktoseintoleranz?

In Deutschland haben etwa 15 bis 20 % der Menschen eine gestörte Laktoseverdauung (2). Das ist mit einem Blick in die Vergangenheit zu erklären. Über Jahrtausende war die Muttermilch die einzige Form von Milch, die wir Menschen aufgenommen haben – allerdings nur in den ersten Lebensmonaten bzw. -jahren. Nach dem Abstillen hat der menschliche Körper keine (Mutter-) milch mehr verstoffwechseln müssen. Dass der Mensch es sich mittlerweile zur Gewohnheit gemacht hat, die Muttermilch einer anderen Spezies, nämlich in der Regel die der Kuh, zu trinken, ist nicht in unseren Genen verankert. Deshalb werden nicht wenige Menschen im Laufe ihres Lebens laktoseintolerant.

Kannst Du Dich herzgesund ernähren, auch wenn Du keine Laktose verträgst? Aber natürlich. Zwar sind fettarme Milchprodukte generell Teil einer (herz-) gesunden Ernährung, allerdings gibt es mittlerweile viele laktosefreie Alternativen. Diese vereinen meist weiterhin die gesundheitsförderlichen Aspekte von Milchprodukten (z.B. hochwertiges Eiweiß, hoher Calciumgehalt), enthalten aber keine Laktose. Die Auswahl an laktosefreien Milchprodukten oder pflanzlichen Alternativen, die grundsätzlich keine Laktose enthalten, wird immer größer.

Welche Milchprodukte Du trotz Laktoseintoleranz möglicherweise gut verträgst, wie Du laktosehaltige Produkte beschwerdefrei verzehren kannst und viele weitere Tipps für genussvolles Essen trotz Laktoseintoleranz liest Du in unserem Blogbeitrag (hier klicken).

Gluten – Brotgenuss mit Folgen?

Während relativ viele Menschen Probleme mit der Verdauung von Milchprodukten haben, so vertragen im Gegensatz dazu nur sehr wenige kein Gluten. Gluten kommt als sog. „Klebereiweiß“ in vielen Getreidearten vor, vor allem in Weizen und Dinkel. Glutenarm sind Roggen und Hafer. Buchweizen, Mais, Reis und Hirse sind komplett glutenfrei (3,4).

Obwohl nur wenige Menschen tatsächlich gesundheitliche Probleme nach dem Verzehr von glutenhaltigen Lebensmitteln haben, boomt der Markt für glutenfreie Lebensmittel (5). Dabei kauft fast die Hälfte der Menschen glutenfreie Lebensmittel nicht etwa, weil sie kein Gluten vertragen, sondern weil sie glauben, dass eine glutenfreie Kost generell gesünder ist oder sie beim Abnehmen unterstützt (6) – nach aktuellem Wissensstand ein Irrglaube. Wer keine Beschwerden hat, wenn er sich glutenhaltig ernährt, hat auch keinen Grund, auf Gluten zu verzichten (7,8). Im Gegenteil – ein unnötiger Verzicht auf das gesunde Vollkorngetreide, das Teil einer herzgesunden Ernährung ist, könnte sich sogar nachteilig auf Deine Herzgesundheit auswirken (8).

Was der Unterschied zwischen einer lebenslangen Gluten-Unverträglichkeit (Zöliakie), einer nicht-zöliakischen Glutenempfindlichkeit und einer Weizenallergie ist und was Du tun kannst, wenn du das Gefühl hast, Gluten nicht zu vertragen, kannst Du hier in unserem passenden Blogbeitrag nachlesen.

Macht zu viel Obst Bauchschmerzen?

Bei einem Drittel der westlichen Bevölkerung lautet die klare Antwort: Ja. Denn sie leiden an einer sogenannten Fructosemalabsorption, einer gestörten Verdauung des Fruchtzuckers (auch Fructose genannt) (9). Aber Achtung: Eine Fructosemalabsorption ist nicht dasselbe wie eine Fructoseintoleranz! Auch wenn beide Krankheiten in unseriösen Artikeln ohne wissenschaftliche Basis oft gleichgesetzt oder vermischt werden, handelt es sich hierbei um völlig unterschiedliche Erkrankungen. Während die Fructoseverdauung bei einer Fructosemalabsorption gestört ist und ein Verzehr von geringen Fructosemengen meist möglich ist, funktioniert sie bei der genetisch bedingten Fructoseintoleranz überhaupt nicht. Weil der Verzehr fructosereicher Lebensmittel schwere gesundheitliche Folgen haben kann, müssen sich Menschen mit Fructoseintoleranz ein Leben lang möglichst fructosefrei ernähren (9-11).

Wird zu viel Fructose in zu kurzer Zeit aufgenommen, so kapituliert der Darm bei Menschen mit einer Fructosemalabsorption. Das äußert sich etwa als Bauchschmerzen, Blähungen oder Durchfall. Aber auch Menschen, deren Fructoseverdauung nicht gestört ist, können Probleme nach dem Verzehr von viel Fructose bekommen. Denn die Aufnahmefähigkeit des Darms ist auch bei Gesunden begrenzt. Wenn Du unsicher bist, ob Du an einer Fructosemalabsorption leidest oder Deinen Magen-Darm-Trakt „nur“ durch zu viel Obst überstrapazierst, sprich‘ dazu in jedem Fall mit Deinem Arzt (11). Und keine Sorge: Auch wenn Deine Fructoseverdauung gestört ist, kannst Du in der Regel geringe Mengen Obst essen. Einer herzgesunden Ernährung steht also auch mit Fructosemalabsorption nichts im Wege!

Wenn Du mehr über Fructose erfahren und die Unterschiede einer Fructoseintoleranz und einer Fructosemalabsorption erfahren möchtest, dann lies‘ doch unserem Blogbeitrag zu dem Thema hier.

Quellen

(1) Splendid Research (2020): Laktosefrei Monitor 2020. Pressemitteilung vom 26. November 2020. Online unter https://www.splendid-research.com/de/splendid-news/pressemitteilungen/item/verzicht-auf-laktose-nur-bei-einem-f%C3%BCnftel-aufgrund-nachgewiesener-intoleranz.html

(2) Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2011): Essen und Trinken bei Lactoseintoleranz. Presseinformation, 5/2011. Online unter https://www.dge.de/uploads/media/DGE-Pressemeldung-aktuell-05-2011-Lactoseintoleranz.pdf

(3) F. Massholder (2019): Gluten, Hordein, Secalin, Gliadin, Klebereiweiß, Kleber. Online unter https://www.lebensmittellexikon.de/k0000210.php

(4) Deutsche Zöliakie Gesellschaft e.V. (2019): Glutenfreie Ernährung. Online unter https://www.dzg-online.de/glutenfreie-ernaehrung.7.0.html

(5) Verbraucherzentrale NRW e.V. (2019): Glutenfreie Lebensmittel: Boomender Markt. Online unter https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/kennzeichnung-und-inhaltsstoffe/glutenfreie-lebensmittel-boomender-markt-10939

(6) E. Watson (2013): Health/weight-conscious consumers are driving the gluten-free market, not celiacs, says Mintel. Online unter https://www.foodnavigator-usa.com/Article/2013/10/15/Healthy-eaters-dieters-not-celiacs-propelling-gluten-free-market

(7) I.D. Croall et al. (2019): Gluten Does Not Induce Gastrointestinal Symptoms in Healthy Volunteers: A Dobule-Blind Randomized Placebo Trial. In: Gastroenterology, Vol. 157, S. 881-3. Online unter https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31129127/

(8) B. Lebwohl et al. (2017): Long termin gluten consumption in adults without celiac disease and risk of coronary heart disease: prospective cohort study. In: the bmj, Vol. 357. Online unter https://www.bmj.com/content/357/bmj.j1892

(9) I. Reese (2020): Fruchtzuckerunverträglichkeit (Fruktosemalabsorption). Allergieinformationsdienst, ein Service des Helmholtz Zentrums München und des Bundesministeriums für Gesundheit. Online unter https://www.allergieinformationsdienst.de/krankheitsbilder/fruktosemalabsorption.html

(10) C. Schäfer (2012): Fructosemalabsorption: Wenn Fruchtzucker für Unruhe sorgt. In: UGB-Form spezial: Unverträglichkeiten und Allergien meistern, S. 10-12. Online unter https://www.ugb.de/ernaehrungsberatung/fruktosemalabsorption-wenn-fruchtzucker-fuer-unruhe-sorgt/

(11) C. Müller (2020): Fruktose-Malabsorption: Fruktose – je nach Verträglichkeit. Bundeszentrum für Ernährung. Online unter https://www.bzfe.de/ernaehrung/ernaehrungswissen/gesundheit/unvertraeglichkeiten-frei-von-im-trend/fruktose-malabsorption/

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