Herzhelfer 20: Nachhaltig essen

Die Deutschen essen so wenig Fleisch wie nie. Im Jahr 2020 hat die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung einen durchschnittlichen Pro-Kopf-Verzehr von 57,3 kg errechnet – das ist der niedrigste Wert seit Beginn der Verzehrberechnungen (1). Die Gründe, weshalb wir Deutschen immer weniger Fleisch essen, sind vielfältig. Ein wichtiger Beweggrund ist der Schutz unserer Umwelt.

Ist ein kompletter Fleischverzicht notwendig, um unsere Umwelt zu retten?

Die Antwort der Wissenschaft lautet: Nein. Unsere nachhaltige Zukunft ist nicht zwangsläufig komplett fleischfrei. Forscher der EAT Lancet-Kommission haben berechnet, dass ein gesundheitlich und ökologisch verträglicher Speiseplan pro Person täglich durchschnittlich 14 g rotes Fleisch und 29 g Geflügelfleisch enthalten könnte (2). Das wären auf ein Jahr gerechnet gut 15,6 kg Fleisch – also etwas mehr als ein Viertel von dem, was aktuell verzehrt wird (siehe oben). Würden alle Menschen diesen Plan verfolgen, könnten laut den Experten weltweit bis zu 11,6 Millionen vorzeitige Todesfälle jährlich verhindert werden (3).

Die Fachleute sind sich also einig, dass wir unseren aktuellen Fleischkonsum drastisch reduzieren müssen, um einen Klimakollaps noch abzuwenden (4,5). Das heißt praktisch: Wir sollten zur Kultur des Sonntagsbratens zurückkehren, wie wir es vielleicht noch von unseren Großeltern kennen. Denn noch vor einigen Jahrzehnten galt Fleisch als Luxus-Lebensmittel, das aufgrund seines stolzen Preises nur zu besonderen Anlässen auf den Tisch kam.

Wie Du Deine Ernährung fleischarm und trotzdem abwechslungsreich gestalten kannst und welche positiven Auswirkungen das hat, liest Du in unserem passenden Blogbeitrag.

Vegetarisch ist nicht gleich vegetarisch

Mehr und mehr Menschen entscheiden sich, komplett auf Fleisch zu verzichten. Der Vegetarierbund Proveg schätzt, dass sich in Deutschland immerhin 8 Millionen Menschen vegetarisch ernähren (6). Doch vegetarisch bedeutet längst nicht mehr nur „fleischfrei“ – nein. Die Anhänger einer pflanzlichen Kost werden wie folgt unterteilt:

Tabelle 1: Formen des Vegetarismus nach Assmann-Stiftung für Prävention (7)

Formen des Vegetarismus Das wird verzehrt Darauf wird verzichtet
Pescetarismus pflanzliche Lebensmittel, Eier, Milch und Milchprodukte, Fisch und Meeresfrüchte Fleisch
Ovo-Lacto-Vegetarismus (lat. ova = Ei, lacto = Milch) pflanzliche Lebensmittel, Eier, Milch und Milchprodukte Fleisch, Fisch
Lacto-Vegetarismus pflanzliche Lebensmittel, Milch und Milchprodukte Fleisch, Fisch, Eier
Ovo-Vegetarismus pflanzliche Lebensmittel, Eier Fleisch, Fisch, Eier, Milch und Milchprodukte
Veganismus pflanzliche Lebensmittel alle tierischen Lebensmittel: Fleisch, Fisch, Eier, Milch und Milchprodukte, evtl. Honig, etc.

Wenn Du wissen möchtest, weshalb eine vegetarische Ernährung möglicherweise nicht nur Vorteile hat und wie sich die pflanzenbasierte Kost in Sachen Klimafreundlichkeit schlägt, dann kannst Du das in unserem Blogbeitrag nachlesen.

Wie gesund ist vegane Ernährung?

Du hast es gerade schon gelesen: Eine relativ extreme Ernährungsweise, die oft auch als eine Form des Vegetarismus genannt wird, ist die vegane Kost (siehe Tabelle). Die Gründe, weshalb Menschen sich für eine komplett pflanzliche Ernährung entscheiden, sind vielfältig und reichen von dem Wunsch nach weniger Tierleid über den Willen, mit seinen täglichen Essentscheidungen die Umwelt zu schützen bis hin zu der Intention, seiner Gesundheit etwas Gutes zu tun (8).

Obschon es auch gewisse gesundheitlichen Risiken mit sich bringen kann, gilt eine pflanzliche Ernährung gemeinhin als sehr gesund – das ist wissenschaftlich belegt (9). So ist eine vegane Ernährung mit einem niedrigeren Krebsrisiko (10), einer verringerten Gesamtsterblichkeit und einem niedrigeren Risiko für Erkrankungen des Herzens assoziiert (11,12).

Jedoch bedeutet vegan nicht per se gesund. Denn ebenso wie Menschen, die tierische Produkte essen, laufen auch Veganer Gefahr, bei einer einseitigen Ernährung auf Dauer einen Nährstoffmangel zu erleiden (9,12). Eine aktuelle Untersuchung des Bundesinstituts für Risikobewertung zeigt, dass solche Nährstoffmängel langfristig möglicherweise dazu führen könnten, dass die Knochengesundheit von sich vegan ernährenden Menschen in Mitleidenschaft gezogen wird (13). Die Ergebnisse sind jedoch nur ein erster Hinweis und noch nicht durch weitere Studien eindeutig bestätigt.

Eine umfassende Antwort auf die Frage, ob eine vegane Ernährung gesund ist, findest Du in diesem Blogbeitrag.

Vegane Wurst und Co.: Was können Fleischersatzprodukte?

Wer seinen Fleischkonsum reduzieren möchte, kommt über kurz oder lang mit Fleischersatzprodukten in Berührung. Die Tofuwürstchen, Bohnenburger-Patties und veganen Fischstäbchen sollen es dem Otto-Normalverbraucher erleichtern, auch mal auf Fleisch oder Fisch zu verzichten. Das Ziel: Minimaler Verzicht bei maximalem Geschmack und Gesundheitswert. Das gelingt allerdings nicht immer.

Denn Ersatzprodukte, die meist auf Basis von Hühnereiweiß, Milch oder Soja hergestellt werden, sind zwar in der Regel eiweißreich und fettärmer als ihre fleischhaltigen Konkurrenten. Dafür sind sie allerdings mindestens ebenso stark verarbeitet. Dass diese Fertigprodukte in übermäßigen Mengen zu einer hohen Energieaufnahme und Übergewicht führen können (14) und mitunter auch das Sterberisiko erhöhen, hat die Wissenschaft mittlerweile überzeugend gezeigt (15-18).

Wenn Du mehr über den Gesundheitswert der Fleischersatzprodukte wissen möchtest, schau‘ doch gerne in unseren Blogbeitrag (hier klicken).

Grundsätzlich gilt: Eine pflanzenbasierte Ernährung mit weitgehend unverarbeiteten Produkten ist das Mittel der Wahl, um sowohl der Umwelt als auch der eigenen Gesundheit etwas Gutes zu tun. Dabei ist hin und wieder ein Stück Fleisch ebenso wenig verboten wie das vegane Tofuwürstchen. Wenn Du zusätzlich darauf achtest, Dein Essen saisonal und regional einzukaufen, machst Du schon sehr viel richtig.

Bei allem Bemühen um eine nachhaltige Ernährung, solltest Du neben Deiner Gesundheit eines nicht vergessen: Den Genuss. Denn auch wenn Deine Ernährung Dich gesund erhalten und Deiner Umwelt nicht schaden soll, so soll sie Dir auch schmecken. Das solltest Du bei allem Streben nach Gesundheit und Umweltschutz nicht zu kurz kommen lassen. 

Quellen

(1) Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (2021): 57,3 Kilogramm Fleisch pro Person: Verzehr sinkt weiter. Presseinformation. Online unter https://www.ble.de/SharedDocs/Downloads/DE/Pressemitteilungen/2021/210322_Fleisch.pdf;jsessionid=17884971727F89BE23BECFE6C91EB62F.2_cid325?__blob=publicationFile&v=2

(2) Willet et al. (2019): Food in the Anthropocene: the EAT–Lancet Commission on healthy diets from sustainable food systems. In: The Lancet.

(3) Assmann-Stiftung für Prävention (2019): Ein Ernährungsmuster, das Gesundheit und Umwelt schützt [276]. Neues aus der Wissenschaft. Online unter https://www.assmann-stiftung.de/ein-ernaehrungsmuster-das-gesundheit-und-umwelt-schuetzt-276/

(4) Intergovernmental Panel on Climate Change (2019): Climate Change and Land. Online unter https://www.ipcc.ch/report/srccl/

(5) R. Harrabin (2019): Plant-based diet can fight climate change – UN. In: BBC. Online unter https://www.bbc.com/news/science-environment-49238749

(6) ProVeg e.V. (2019): Vegan-Trend: Zahlen und Fakten zum Veggie-Markt. Online unter https://proveg.com/de/pflanzlicher-lebensstil/vegan-trend-zahlen-und-fakten-zum-veggie-markt/

(7) Assmann-Stiftung für Prävention (2019): Vegetarismus. Online unter https://www.assmann-stiftung.de/vegetarische-ernaehrung/

(8) G.F. Gebauer (2016): Umfrage-Ergebnis: Das sind die vier Hauptgründe für die vegane Lebensweise. Vegan.eu, ein Service vom Gleichklang limited. Online unter https://www.vegan.eu/vegan-motive-umfrage/

(9) Clary et al. (2014): A Comparison of Nutritional Quality of the Vegan, Vegetarian, Semi-Vegetarian, Pesco-Vegetarian and Omnivorous Diet. In: Nutrients.

(10) Dinu et al. (2017): Vegetarian, vegan diets and multiple health outcomes: A systematic review with meta-analysis of observational studies. In: Food Science and Nutrition.

(11) Kahleova et al. (2017): Cardio-Metabolic Benefits of Plant-Based Diets. In: Nutrients.

(12) Patel et al. (2017): Plant-Based Nutrition: An Essential Component of Cardiovascular Disease Prevention and Management. In: Current Cardiology Reports.

(13) MedScape (2021): Vegan bis auf die Knochen: Wirkt sich die Ernährungsweise negativ aufs Skelett aus? https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4909852

(14) F.B. Hu et al. (2019): Can Plant-Based Meat Alternatives be Part of a Healthy and Sustainable Diet? In: Journal of the American Medical Association. Online-Vorveröffentlichung.

(15) F. Juul et al. (2021): Ultra-Processed Foods and Incident Cardiovascular Disease in the Framingham Offspring Study. In: Journal auf the American College of Cardiology, Vol. 77, Nr. 12, S. 1520-1531.

(16) A. Sieb (2021): TK-Pizza, Limo und Chips – mit jeder Portion Fertigessen steigt das kardiovaskuläre Sterberisiko. In: MedScape. Online unter https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4909834

(17) Assmann-Stiftung für Prävention (2021): Erhöhen Fertiggerichte das Sterberisiko? Ein Blogbeitrag der Stiftungsinitiative „Deutschland bestimmt das Herzalter!“. Online unter https://www.herzalter-bestimmen.de/fertiggerichte-3/

(18) Assmann-Stiftung für Prävention (2020): Machen Fertiggerichte alt? Ein Blogbeitrag der Stiftungsinitiative „Deutschland bestimmt das Herzalter!“. Online unter https://www.herzalter-bestimmen.de/fertiggerichte-2/

 Hier kannst Du den Herzhelfer 20 herunterladen.