Zu viel Obst macht Bauchschmerzen? Was an dem Mythos wirklich dran ist

Basis einer herzgesunden Ernährung ist Obst und Gemüse (das kannst Du auch hier nachlesen). So weit, so gut. Was aber, wenn nach einer Handvoll Kirschen der Magen-Darm-Trakt streikt? Was, wenn der Apfel am Tag, der sprichwörtlich den Arzt fernhalten soll (frei nach dem Motto „An apple a day keeps the doctor away“), dafür umso häufiger zu Toilettengängen führt?

Wenn Dir diese Szenarien bekannt vorkommen, zählst Du womöglich zu dem einen Drittel der westlichen Bevölkerung, die an einer sog. Fructosemalabsorption leidet (1).

Fruchtzucker, auch als Fructose bezeichnet, kommt in vielen Lebensmitteln vor. Weil unser Haushaltszucker (hier liest Du mehr über Zucker) zur Hälfte aus Fructose besteht, sind auch zuckerreiche Lebensmittel wie Erfrischungsgetränke, Honig, Back- und Süßwaren sowie Speiseeis in der Regel reich an Fructose. Darüber hinaus steckt Fructose vor allem in Obst und daraus hergestellten Produkten wie Saft, Marmelade, Kompott, Obstkonserven, Trockenobst und Fruchtzubereitungen (2).

Was ist eine Fructosemalabsorption?

Eine Fructosemalabsorption ist eine Störung der Fruchtzuckerverdauung. Betroffene vertragen weniger Fructose als normal und reagieren auf eine zu hohe Fructosezufuhr in zu kurzer Zeit mit Magen-Darm-Beschwerden aller Art, von Blähungen und Darmgeräuschen bis hin zu Übelkeit, Durchfall und Verstopfung. Aber Obacht: Auch Menschen, deren Fructoseverdauung nicht gestört ist, können auf zu viel Fructose mit Bauchbeschwerden reagieren. Denn unsere Fructoseaufnahme aus dem Darm ist physiologisch begrenzt. Das bedeutet: Wenn zu viel Fructose auf einmal ankommt, kann sie nicht im Dünndarm aufgenommen werden, sondern wird weiter in den Dickdarm transportiert, wo sie die entsprechenden „Turbulenzen“ auslöst. Ob Du Deinen Darm also einfach durch zu viel Obst und Süßes überstrapazierst, oder tatsächlich eine Fructosemalabsorption hast, kannst Du mithilfe eines sog. H2-Atemtests ärztlich abklären lassen (3).

Ist eine Fructosemalabsorption das gleiche wie eine Fructoseintoleranz?

Nein. Eine sog. hereditäre, also erblich bedingte, Fructoseintoleranz ist unbedingt von einer Fructosemalabsorption abzugrenzen! Hierbei handelt es sich um zwei komplett verschiedene Krankheiten. Das wird leider in vielen unseriösen Artikeln ohne wissenschaftliche Basis vergessen und beide Krankheiten gleichgesetzt oder vermischt.

Hier ein Blick auf die wichtigsten Unterschiede zwischen Fructosemalabsorption und Fructoseintoleranz:

  Fructosemalabsorption Fructoseintoleranz
Was passiert im Körper? Die Fruchtzuckerverdauung ist gestört, weshalb weniger Fruchtzucker als gewöhnlich verdaut werden kann. Die Fruchtzuckerverdauung funktioniert gar nicht. Es kann keine Fructose verdaut werden.
Symptome beim Fructoseverzehr? Bauchbeschwerden aller Art Unterzuckerungen, schwere Störungen von Leber, Niere und Darm
Fructose essen? in Maßen, individuell unterschiedlich möglichst nicht
Quellen: 1,3,4

Bei einer Fructoseintoleranz, die nur sehr selten vorkommt und zumeist schon im Säuglingsalter auftritt, kann der Verzehr von Fructose also schwere gesundheitliche Folgen haben. Im Gegensatz dazu verträgt ein Mensch mit Fructosemalabsorption in der Regel kleine Mengen Fructose und sollte diese sogar aufnehmen, damit der Körper in Sachen Fructoseverdauung im Training bleibt.

Was das für Dich als Mensch mit Fructosemalabsorption im Alltag bedeutet, was Fructose mit Deiner Leber zu tun hat und wie Du Dich trotz Fructosemalabsorption herzgesund ernähren kannst, das liest Du in den nächsten Wochen hier auf dem Blog. Folge uns auf Facebook und Instagram, um keine Blogbeiträge mehr zu verpassen!


Quellen

(1) I. Reese (2020): Fruchtzuckerunverträglichkeit (Fruktosemalabsorption). Allergieinformationsdienst, ein Service des Helmholtz Zentrums München und des Bundesministeriums für Gesundheit. Online unter https://www.allergieinformationsdienst.de/krankheitsbilder/fruktosemalabsorption.html

(2) Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2011): Essen und Trinken bei Fructosemalabsorption. DGE-Infothek. Online unter https://www.dge.de/uploads/media/DGE-Pressemeldung-intern-04-2011-DGE-Infothek-Fructose.pdf

(3) C. Schäfer (2012): Fructosemalabsorption: Wenn Fruchtzucker für Unruhe sorgt. In: UGB-Form spezial: Unverträglichkeiten und Allergien meistern, S. 10-12. Online unter https://www.ugb.de/ernaehrungsberatung/fruktosemalabsorption-wenn-fruchtzucker-fuer-unruhe-sorgt/

(4) C. Müller (2020): Fruktose-Malabsorption: Fruktose – je nach Verträglichkeit. Bundeszentrum für Ernährung. Online unter https://www.bzfe.de/ernaehrung/ernaehrungswissen/gesundheit/unvertraeglichkeiten-frei-von-im-trend/fruktose-malabsorption/


Herzhelfer #17: Die große Welt der Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Nie war das Bewusstsein für gesunde Ernährung so groß wie heute. Dass die Menschen sich immer mehr damit beschäftigen, was täglich auf ihren Tellern landet und wie sich das Essen auf ihre Gesundheit auswirkt, ist ein ebenso positiver wie notwendiger Trend. Problematisch wird es allerdings, wenn vor lauter Selbstoptimierung und Gesundheitswahn auch gesunde Lebensmittel verteufelt und vom Speiseplan gestrichen werden.

Frei nach dem Motto „Sicher ist sicher“ werden dann glutenfreie Brötchen, laktosefreie Milch und fruktosefreies Müsli gekauft - auch wenn keine Unverträglichkeit nachgewiesen ist. Von den Personen, die auf Laktose verzichten, tun dies laut einer aktuellen Umfrage nur 20 %, aufgrund einer nachgewiesenen Malabsorption (1). Mehr als die Hälfte hingegen handelt aus dem Gefühl heraus, laktosehaltige Produkte nicht so gut zu vertragen. Das ist zwar grundsätzlich nicht gefährlich, kann eine bestehende Unverträglichkeit aber möglicherweise verstärken.

In unserem neuen Herzhelfer findest Du die wichtigsten Infos zu Laktose, Gluten und Fructose - den bekanntesten Vertretern, die für Nahrungsmittelunverträglichkeiten verantwortlich sein können. Außerdem verraten wir Dir, ob Du Dich trotz Unverträglichkeit herzgesund ernähren kannst.

Du hast den Herzhelfer noch nicht abonniert? Dann kannst Du das hier kostenlos nachholen. Als Abonnent erhältst Du zu Beginn jeden Monats eine Mail, sobald der neue Herzhelfer online gegangen ist und kannst ihn Dir downloaden. Die bisherigen Herzhelfer-Ausgaben stehen Dir außerdem sofort zum Download bereit. Der Herzhelfer ist kostenfrei und jederzeit kündbar.

Quelle

(1) Splendid Research (2020): Laktosefrei Monitor 2020. Pressemitteilung vom 26. November 2020. Online unter https://www.splendid-research.com/de/splendid-news/pressemitteilungen/item/verzicht-auf-laktose-nur-bei-einem-f%C3%BCnftel-aufgrund-nachgewiesener-intoleranz.html


Erhöhen Fertigprodukte das Sterberisiko?

Wenn man der Coronapandemie etwas Positives abgewinnen kann, dann Folgendes: Wir ernähren uns gesünder. Das hat eine Umfrage des Else Kröner-Fresenius-Zentrums (EKFZ) für Ernährungsmedizin der Technischen Universität München deutlich gezeigt (1,2) (hier gelangst Du zum Blogbeitrag über die Auswirkungen der Coronakrise auf unseren Lebensstil). Weil wir nicht mehr aus dem Büro in die Kita oder von Meeting zu Meeting hetzen, sondern der aller größte Teil unseres Lebens in den eigenen vier Wänden stattfindet, haben wir Zeit – Zeit zum Kochen, Zeit zum Genießen, Zeit für bewusste Ernährung.

Fertigessen im Überfluss: Gift für unsere Herzgesundheit

Dieser Trend hin zu mehr unverarbeiteten Produkten und weg von Fertigpizza, Softdrinks und Co. wirkt sich auch positiv auf unsere Herzgesundheit aus. Denn US-amerikanische Wissenschaftler haben in einer aktuellen Studie herausgefunden, dass jede Portion hoch verarbeiteter Lebensmittel das Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, um 9 % erhöht (3). Eine Portion ist beispielsweise eine Dose Limonade oder 30 g Chips (4). Das Erschreckende: Die untersuchten Personen nahmen durchschnittlich jeden Tag 7,5 Portionen solcher Fertig-Lebensmittel auf. Das wäre so, als würdest Du täglich über 100 g Chips essen und mehr als 3 Dosen Softdrinks trinken. Kein Wunder, dass das auf Dauer dem Körper schadet, oder?

Warum sind hoch verarbeitete Lebensmittel so gesundheitsschädlich?

Das ist noch nicht eindeutig geklärt. In Verdacht stehen neben den gesättigten Fetten und der hohe Zucker- oder Salzmenge auch die Zusatzstoffe (4).

Es ist aber ohnehin schwierig, alle hoch verarbeiteten Produkte über einen Kamm zu scheren, weil es keine eindeutige Definition dafür gibt. In der oben genannten Studie fallen alle Lebensmittel, die Zusatzstoffe enthalten und so hergestellt wurden, wie es in der heimischen Küche nicht einfach möglich wäre, in die Kategorie „hoch verarbeitet“.

Fertiggerichte mit Vorsicht genießen

Ein hoher Verzehr von Fertigprodukten ist mit einem höheren Risiko verbunden, an einer Herz-Kreislauf-Krankheit zu erkranken oder sogar daran zu versterben (3,5,6). Auch wenn noch nicht eindeutig geklärt ist, welche Inhaltsstoffe die Übeltäter sind, ist sich die Wissenschaft relativ einig: Zu viel Fertigessen macht uns krank und ist Gift für unsere Herzgesundheit.

Wenn Dir Deine Gesundheit am Herzen liegt, folgst Du also am besten dem coronabedingten Trend und nimmst Dir Zeit für eine gesunde Ernährung (hier kannst Du nachlesen, wie einfach Du eine gesunde Ernährung im Alltag umsetzt). Trotzdem darfst Du Dir natürlich hin und wieder mal eine Limo oder ein Fertiggericht gönnen. Es gilt wie immer in Sachen Ernährung: Die Dosis macht das Gift. Du möchtest mehr über hoch verarbeitete Lebensmittel erfahren? Dann lies‘ hier unseren Blogbeitrag zu Fertigprodukten und hier unsere Antwort darauf, ob Fertiggerichte alt machen.


Quellen

(1) Technische Universität München (2020): Gesund essen – trotz Corona! Pressemitteilung vom 16.10.2020. Online unter https://www.ekfz.tum.de/fileadmin/PDF/201016_EKFZ_Podiumsdiskussion_Final.pdf

(2) Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin (2020): Pressekonferenz | Expertengespräch zur Forsa-Studie „Lebensstil und Ernährung in Corona-Zeiten“. Online unter https://www.ekfz.tum.de/fileadmin/PDF/191020_PPT__EKFZ_und_Forsa__final.pdf

 (3) F. Juul et al. (2021): Ultra-Processed Foods and Incident Cardiovascular Disease in the Framingham Offspring Study. In: Journal auf the American College of Cardiology, Vol. 77, Nr. 12, S. 1520-1531.

(4) A. Sieb (2021): TK-Pizza, Limo und Chips – mit jeder Portion Fertigessen steigt das kardiovaskuläre Sterberisiko. In: MedScape. Online unter https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4909834

(5) B. Srour et al. (2019): Ultra-processed food intake and risk of cardiovascular disease: prospective cohort study (NutriNet-Santé). In: the bmj, Vol. 365, l1451.

(6) M. Bonaccio et al. (2021): Ultra-processed food consumption is associated with increased risk of all-cause and cardiovascular mortality in Moli-sani study. In: American Journal of Clinical Nutrition, Vol. 113, Nr. 2, S. 446-455.